Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe aufgehoben - Was das bedeutet

Stand:
Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2020 das Gesetz zum Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe (Paragraf 217 Strafgesetzbuch) gekippt. Viele Menschen fragen sich, welche Bedeutung die Entscheidung für die Formulierung einer Patientenverfügung hat.
eine junge Hand hält eine alte

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Entscheidung betrifft ausschließlich die "geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung". Daneben gibt es noch andere Arten der Sterbehilfe - wie zum Beispiel die passive Sterbehilfe, die auch schon vorher erlaubt war, und die aktive Sterbehilfe, die weiterhin strafbar ist.
  • Mit einer Patientenverfügung können Sie eine Aussage dazu treffen, ob eine Maßnahme in einer bestimmten Situation begonnen oder abgebrochen werden soll.
  • Der Hintergrund: Der Abbruch einer Maßnahme ist eine erlaubte Sterbehilfe, wenn sie dem Willen des Betroffenen entspricht.
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Was das Bundesverfassungsgericht entschieden hat

Das Bundesverfassungsgericht hat sich klar positioniert: Jeder Mensch hat die Freiheit, sich das Leben zu nehmen. Dies ist ein Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts aus dem Grundgesetz. Dieses Recht schließt auch ein, auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen. Darum war laut des Verfassungsgerichts auch das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung nicht zu halten. Denn durch dieses Gesetz wurde das Recht auf eine assistierte Selbsttötung in einigen Fällen faktisch unmöglich gemacht. Für einige Menschen ist die Hilfe durch andere nämlich der einzige Weg, eine Selbsttötung vorzunehmen. Daher hat das Gericht das Gesetz im Februar 2020 für nichtig erklärt.

Vereine und auch Ärzte dürfen dem Patienten nun durch Hilfestellungen ermöglichen, sich selbst zu töten. Das kann zum Beispiel geschehen, indem sie Medikamente zur Verfügung stellen und vorbereiten. Allerdings muss der Patient diese weiterhin aus freiem Willen selbst nehmen.

Ist die Sterbehilfe nun erlaubt?

Eine solche allgemeine Aussage lässt sich nicht treffen. Die Entscheidung des Gerichts betrifft nur die Hilfe zur Selbsttötung durch geschäftsmäßige Förderung.

Wichtig ist, dass es mehrere Arten der Sterbehilfe gibt:

  • Beihilfe zur Selbsttötung bzw. Beihilfe zum Suizid

    Die Beihilfe zur Selbsttötung meint, dass ein Dritter (Suizidhelfer) alles Erforderliche bereitstellt, damit der Betroffenen sich selber töten kann. Das Medikament muss der Betroffene selber nehmen. Diese letzte Handlung darf also von dem Helfer nicht vorgenommen werden.

    Die Beihilfe zur Selbsttötung ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr strafbar. Auch wenn diese geschäftsmäßig ausgeübt wird.
     
  • Passive Sterbehilfe

    Wenn lebenserhaltende Maßnahmen gar nicht erst begonnen oder abgebrochen werden, spricht man von passiver Sterbehilfe. Besser bezeichnet man dies als Behandlungsabbruch oder "sterben lassen". Dazu gehören zum Beispiel ein Verzicht auf künstliche Beatmung oder künstliche Ernährung.

    Die passive Sterbehilfe ist nicht strafbar und damit erlaubt, wenn dadurch der ausdrückliche Wille des Betroffenen erfüllt wird. Dies können Sie zum Beispiel in einer Patientenverfügung beschreiben.
     
  • Indirekte Sterbehilfe

    Dies sind palliative Maßnahmen, bei denen starke Schmerzmittel eingesetzt werden, wie z.B. Morphine. Denn auch diese können (zumindest theoretisch) das Leben verkürzen. In erster Linie kommt es jedoch darauf an, den Zustand des Patienten zu verbessern und Leid zu lindern. Bei dieser indirekten Sterbehilfe wird das Leben daher zugunsten der Schmerzfreiheit möglicherweise verkürzt. Besser ist daher die Bezeichnung "Therapien am Lebensende".

    Die indirekte Sterbehilfe ist ebenfalls erlaubt. Auch diese können Sie in der Patientenverfügung regeln.
     
  • Aktive Sterbehilfe

    Aktive Sterbehilfe bedeutet, dass ein Dritter handelt, um einen anderen zu töten. Er verabreicht auf ausdrückliches und ernstliches Verlangen des Patienten ein Medikament, welches in kurzer Zeit zum Tod führt.

    Die aktive Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen) ist durch § 216 StGB weiterhin unter Strafe gestellt.

Welche Regelung zur Sterbehilfe kann in der Patientenverfügung umgesetzt werden?

In der Patientenverfügung wird das Tun und Unterlassen einer medizinischen Behandlung für den Fall geregelt, dass ein Mensch seine Einwilligung nicht mehr geben kann. In einer Patientenverfügung kann für bestimmte Situationen, die zu beschreiben sind, festgelegt werden, welche Maßnahmen gewünscht und welche Maßnahmen abgelehnt werden.

So kann auch geregelt werden, wie mit palliativmedizinischen Maßnahmen umzugehen ist. Dies betrifft unter Umständen die indirekte Sterbehilfe. So können Sie zum Beispiel wünschen, dass eine Behandlung erfolgen soll, auch wenn eine Verkürzung der Lebenszeit mit der Behandlung einhergeht.

Für die beschriebenen Anwendungssituationen können Sie in der Patientenverfügung vorab auch Regelungen treffen, um eine Einwilligung zum Beginn oder einen Verzicht auf eine lebenserhaltende Maßnahme wie künstliche Ernährung, Flüssigkeitszufuhr oder Dialyse niederzulegen.

Sie können aber auch den Behandlungsabbruch der Maßnahme wünschen. Das bedeutet, dass eine bereits begonnene Maßnahme auch wieder beendet werden kann. Dies betrifft die so genannte "passive Sterbehilfe".

Wichtig ist: Eine Maßnahme kann zunächst begonnen werden, dann aber abgebrochen werden, wenn sich herausstellt, dass diese keinen Erfolg mehr verspricht. Es handelt sich dann nicht um eine aktive Sterbehilfe, sondern um ein Unterlassen der Fortführung. Sie ist somit straflos (Entscheidung des BGH, 18.08.2010 - 2 StR 454/09).


Ausführliche Informationen zur Patientenverfügung geben wir übrigens in einem separaten Artikel. Auch zu Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung finden Sie einen ausführlichen Text.

Wir haben außerdem zwei Ratgeber, die wertvolle Informationen und Material zu Patientenverfügung, Vollmacht und Betreuungsverfügung geben:


Vergessen Sie nicht die Vollmacht und Betreuungsverfügung

Es ist wichtig, dass Sie eine Vertrauensperson bestimmen, die Ihren Willen, den Sie in der Patientenverfügung niedergelegt haben, durchsetzt. Weder der Ehepartner noch die Kinder können dies automatisch. Sie müssen diese dazu bevollmächtigen. Eine solche Vorsorgevollmacht ist empfehlenswert, da sonst zunächst alle Entscheidungen erst einmal stillstehen, bis vom Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt wurde.

Sollte eine Betreuung erforderlich werden, können Sie durch eine Betreuungsverfügung festlegen, wer Betreuer werden soll. Oder auch, wer auf gar keinen Fall Betreuer werden soll. Das Betreuungsgericht ist dann verpflichtet, den Benannten als Betreuer einzusetzen (es sei denn, es sprechen schwerwiegende Gründe dagegen).

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