Podcast: Unseriöse Kreditversprechen

Stand:
Hohe Energiekosten; steigende Inflation - viele Verbraucher:innen stehen gerade unter enormen finanziellen Druck und stoßen dann auf Werbung, die ihnen mit "Krediten ohne Schufa" einen angeblichen Ausweg bieten. Doch meldet man dort Interesse an, häufen sich schnell die Rechnungen.
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Wie funktionieren unseriöse Angebote? Wie kann man diese Anbieter erkennen? Und was sind die besseren Alternativen? Wir beantworten alle Fragen im Podcast.

 

Darum geht es:

Unseriöse Kreditversprechen

Diesmal zu Gast:

Christian Maltry (Landratsamt Main-Spessart)

Christian Maltry ist Leiter der Schuldnerberatung beim Landratsamt Main-Spessart und liefert in dieser Folge Einblicke in die Geschichte unseriöser Anbieter und der Praxis in der Schuldnerberatung.

Marcus Köster (Verbraucherzentrale NRW)

Als Rechtsanwalt bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen beschreibt Marcus Köster in dieser Folge, wie die Berührungen mit diesen Anbietern in der Praxis aussehen können.

Transkript

Ganze Folge zum Nachlesen

Hier klicken, um das Transkript zu öffnen...

Marcus Köster: Die Situation ist drückend, das weiß ich. Diese Angebote werden als letzter Strohhalm gesehen, aber sie sind es eben nicht. Sie sind eher der Weg in den Sumpf.

Dorian Lötzer: Abzocke kommt in allerlei Formen und Farben und doch ist es oft so, dass diejenigen, die am ehesten betroffen sind, die verletzbarsten unter uns sind.

Und so ist es auch in dem Thema der heutigen Folge. Wir sprechen nämlich über unseriöse und betrügerische Kreditversprechen.

Mein Name ist Dorian Lötzer. Willkommen bei Genau Genommen.

Bevor ich in das Thema einsteige, will ich eben noch grundlegend ein paar Sachen zu Krediten erläutern.

Kredite sind nämlich in der Regel geliehenes Geld, dass man von einer Bank ausgezahlt bekommt. Das Geld muss ich dann über einen festgelegten Zeitraum zurückzahlen, oft mit Zinsen – heißt, ich zahle einen Prozentsatz extra zurück, damit die Bank einen Profit machen kann.

Aber nicht jeder kriegt einfach so ein Kredit. Es gibt viele verschiedene Varianten - in der Regel prüft der Kreditgeber (hier die Bank), wie gut meine finanzielle Lage ist, damit sie auch sicherstellen kann, dass ich den Kredit auch zurückzahlen kann. Oft passiert das mit Hilfe eines sogenannten Schufa-Eintrags.

Die Schufa ist nämlich eine sog. Auskunftei, die Daten zu unserer Bonität (auch Kreditwürdigkeit genannt) sammelt. Diese Daten kommen z.B. von Telefon- oder Stromverträgen aber eben auch Krediten. Den Eintrag können sich dann Banken oder z.B. auch Vermieter:innen anschauen, bevor sie mit uns Verträge eingehen, um nachzuvollziehen, wie wahrscheinlich wir auch zahlungsfähig bleiben.

Wenn wir einen guten Schufa-Score haben, ist es in der Regel für uns einfacher, Bankkredite zu bekommen. Ist unser Score aber schlecht, kann es sein, dass uns ein Kredit verwehrt wird.

Und damit kommen wir auch schon zu dem Thema dieser Folge.

Es gibt nämlich auch Anbieter, die es gezielt auf Verbraucher:innen abgesehen haben, die eben nicht mehr auf herkömmliche Weise Kredite bekommen können.

Christian Maltry: Letztendlich ist das Ziel unseriöser Anbieter natürlich, möglichst viel Geld aus Kreditsuchenden zu ziehen und zwar auch aus denen, die keinen Kredit bekommen können. Denn im Bereich der „Kredite ohne Schufa Auskunft“, „Kredite ohne Bonität“ wie die Produkte so genannt werden - da haben wir es ja mit einer Zielgruppe zu tun, die ganz überwiegend nicht kreditwürdig ist, beziehungsweise nicht in dem Rahmen kreditwürdig, wie sie tatsächlich Kredite sucht.

Hören könnt ihr hier Christian Maltry, Leiter der Schuldnerberatung des Landratsamts Main-Spessart. Wenn er von „unseriösen Anbietern“ spricht, meint er nämlich Anbieter, die damit werben, dass sie ganz einfach und ohne z.B eine Schufa-Prüfung Kredite vergeben.

Doch das sieht in der Realität anders aus.

Markus Köster: Ja, wir müssen ja erstmal unterscheiden zwischen unseriösen Angeboten oder Angeboten, wo was schief läuft, wo aber tatsächlich sowas wie ein Kreditvertrag hinter steckt, wo es also letztendlich jetzt wirklich darum geht, dass Verbraucherinnen Verbraucher Geld kriegen sollen und unseriösen Angeboten, die suggerieren, dass es um Kredit geht, wo tatsächlich was ganz anderes hinter steht, was dann nur dazu führt, dass Verbraucher zahlen müssen oder sollen und es überhaupt gar nicht im Raum steht, dass überhaupt Kredit also überhaupt Geld bekommen.

Dorian Lötzer: Markus Köster, den Ihr hier hört, ist Rechtsanwalt bei der Verbraucherzentrale NRW und beschreibt, dass unseriöse Angebote sich insofern von den regulären Kreditversprechen unterscheiden, als dass sie gar nicht das Ziel haben, einen Kredit auszuleihen. Sie wollen eigentlich nur Geld kassieren.

Da stelle ich mir aber die Frage: Wie verdient man denn mit solchen Kreditversprechen Geld?

Um das zu verstehen, muss ich mir erst mal darüber im Klaren sein, welche Zielgruppe angesprochen wird, wenn man mit Geld ohne Schufa oder Bonitätsprüfung wirbt.

Marcus Köster: Man merkt dann, eben dass durch diese Angebote eben auch Verbrauchergruppen angesprochen werden, die eben besondere Probleme haben. Im Regelfall Verschuldungsprobleme. Da ist es dann halt so: Einer der klassischen Fälle, zum Beispiel, der jetzt in der jetzigen Situation wahrscheinlich auch nochmal wieder häufiger vorkommen wird, ist, wenn Energieschulden drücken. Wenn zum Beispiel eine Stromsperre droht, Menschen aber keinen Dispo haben oder der Dispo ausgereizt ist und sie eben schauen müssen: „Wie komme ich jetzt ganz schnell nochmal an Geld?“ Die sehen diese Anzeigen und denken „ok, vielleicht kann ich meine Situation damit nur verbessern“ und genau auf diese verletzlichen Verbrauchergruppen zielen diese Anzeigen.

Hier wird nämlich Menschen, die unter enormen finanziellen Druck stehen ein schneller Ausweg angeboten. Und das ist kein neues Problem.

Hier noch mal Christian Maltry:

Christian Maltry: Das Phänomen unseriöser Kreditangebote, beziehungsweise Angebote von Krediten die nie ausgezahlt werden, das ist wahrscheinlich so alt wie der Kreditmarkt. Nur früher mussten sie als Anbieter, um sich ihre Kundschaft zu erschließen, relativ teuer investieren, indem sie eben Anzeigen geschaltet haben in der Presse mit erheblichem finanziellem Aufwand auch. Das hat sich geändert. Mittlerweile hat man nahezu jeder Internet und in Tageszeitungen finden sie kaum noch Angebote aus diesem Bereich. Die finden Sie alle im Internet, wo sie deutlich günstiger sind und die Reichweite wesentlich größer.

Mit Verbreitung des Internets ist es viel einfacher (und vor allem billiger) geworden, die eigenen Produkte zu bewerben. Das gilt nicht nur für ein Möbelhaus, sondern halt auch für Betrüger und unseriöse Anbieter.

In unserem Fall findet man auf Webseiten und auf den sozialen Medien solche Werbung. Und wenn ihr jetzt denkt „kann gar nicht sein, habe ich noch nie gesehen“ dann muss ich euch leider berichtigen. Dadurch, dass Werbung heutzutage oft auf super konkrete Zielgruppen gerichtet werden kann, wird sie auch nur von dieser Zielgruppe gesehen. Aber das nur nebenbei.

Diese Werbungen leiten einen dann auf die Websites der Anbieter weiter, die heutzutage auch total seriös und vertrauenswürdig aussehen.

Marcus Köster: Es ist tatsächlich so, dass die Webseiten mittlerweile sehr gut aussehen von diesen Anbietern. Das war ursprünglich mal nicht immer so, aber da hat es einen entsprechenden Schub gegeben das sieht durchaus sehr seriös erstmal aus und da gibt man seine Daten ein und dann wird unter Umständen auch noch danach abgefragt, was für eine Verschuldung man denn schon hat. Das kann man auch noch eingeben, dann werden verschiedenste Daten dann eben abgefragt, eingegeben und dann versandt und dann sind die natürlich erstmal bei dem Anbieter.

Und sobald man auf dieser Seite Interesse bekundet hat, fangen schon die Zahlungsaufforderungen an.

Ein Klassiker dabei sind sogenannte Nachnahmesendungen. Achtung, Verwechslungsgefahr: Hier geht es nicht um eure Nachnahmen, sondern um eine Art von Versandt. Bei einer Nachnahmesendung muss man nämlich erst Mal Geld bezahlen, um die Dokumente ausgeliefert zu bekommen.

Markus Köster: Und da befindet sich dann Papier drinnen, das so gestaltet ist, dass es von den Verbraucherinnen und Verbrauchern so verstanden werden kann, dass es hier um Kredit geht. Häufig steckt dahinter aber was ganz anderes. Zum Beispiel ein Vermittlungsvertrag für eine sogenannte Finanzsanierung. Was kann man sich unter Finanzsanierung vorstellen? Das hört sich ja auch erstmal so an: „Ich kriege Geld und kann da meine Schulden ausgleichen und dann sieht das alles für mich besser aus.“ Finanzsanierung meint aber in diesem Kontext, dass ein Vertrag an eine andere Firma vermittelt werden soll, die dann mein Geld (das ich natürlich nicht habe) an Gläubiger verteilt werden soll. Und dafür soll ich dann den Vermittler und der Firma natürlich noch Geld zahlen.

Und ungefähr an dieser Stelle fängt mein Kopf an zu rauchen, weil ich nicht mehr nachvollziehen kann, was wirklich mit dem Geld passiert. Und das ist so gewollt so. Für uns wichtig ist: Man unterschreibt eigentlich keinen Kreditvertrag, sondern eine ganz andere Leistung. Am Ende von Lied hat man auf einmal Vereinbarungen mit mehreren Firmen, die alle erst mal Geld sehen wollen. Also so ziemlich das Gegenteil von dem stressfreien Kredit, den man eigentlich haben wollte.

In der Arbeitssprache nennt man sowas auch „Geschäfte mit der Armut“, weil hier auf finanziell belastete und verletzbare Menschen gezielt wird, um Profit aus deren Situation zu schlagen. Und genau deswegen ist das Ganze auch so verheerend. Wenn ich nicht weiß, wie ich diesen Monat meine Rechnungen bezahlen soll, kann ich sowas echt nicht gebrauchen.

Und gehe ich weiter davon aus, dass mir diese Leistung hilft und bezahle die Rechnungen, dann kann man laut Markus Köster davon ausgehen, dass der Rechnung weitere folgen werden.

Wahrscheinlich werden nur wenige von euch direkt von dieser Art von Angebot betroffen sein. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, sich dessen Existenz bewusst zu sein, auch weil es im Bekanntenkreis auftauchen kann. Deswegen möchte ich noch ein paar Tipps zur Erkennung und Vermeidung hierlassen.

Es lohnt sich natürlich, wie auch sonst, mit einer gewissen Skepsis im Internet zu surfen. Wenn der Finanzdruck aber extrem hoch ist und die Website wirklich professionell aussieht, kann ich aber irgendwo auch verstehen, dass man ein Auge zudrücken will. Trotzdem ist es wichtig, hier stark zu bleiben.   

Marcus Köster: Die Situation ist drückend, das weiß ich. Diese Angebote werden als letzter Strohhalm gesehen, aber sie sind es eben nicht. Sie sind eher der Weg in den Sumpf oder sind eben nicht zielführend.

Christian Maltry: In aller Regel suchen die Betroffenen ja diese Form von Krediten, weil in die Hausbank gesagt hat „es gibt nichts mehr“. Natürlich, wenn ich erstmal kreditbedarf habe, dann gehe ich zu meiner Hausbank. Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit, einen Kredit zu bekommen, bei der Hausbank immer noch am größten. Denn die kennt mich ja. Da bin ich vielleicht schon seit dem Kindergarten und dem ersten Weltspartag Kunde und die können einschätzen, ob ich diesen Kredit wohl zurückzahle. Und wenn ich dort keinen Kredit bekomme, dann sollte ich vielleicht mal drüber nachdenken, ob tatsächlich dieser von mir gesuchte Kredit eine Lösung ist oder ob es unter Umständen vielleicht meine Probleme noch weiter verschärfen können?“

Also, der erste Schritt, solchen unseriösen Angeboten zu entgehen, ist das Verständnis, dass sie nicht die Lösung für das Problem bieten.

Erkennen kann man diese Art von Anbietern mit ein paar einfach zu überprüfenden Kriterien:

Gibt es ein Impressum auf der Website mit Kontaktdaten?

Hat der Anbieter einen Sitz in Deutschland?

Und, vielleicht am wichtigsten: Gibt es als Teil von dem Angebot Zusatzleistungen?

Oft ist es nämlich so, dass diese Anbieter extra Kreditkarten oder Telefonverträge als Teil des Kredits anbieten. Bei seriösen Anbietern findet man sowas in der Regel nicht, deswegen sollte man da extrem vorsichtig sein.

Das sind alles Präventivmaßnahmen. Wenn man aber schon die ersten Rechnungen bekommen hat, lohnt sich eventuell der Gang zur Verbraucherzentrale. Dort können die Expert:innen dazu beraten, worum es sich wirklich handelt und ob eine Zahlung sinnvoll ist.

Marcus Köster: Das führen wir dann als sogenannte „Geschäfte mit der Armut“, weil es letztendlich darum geht: Da wird den Leuten nicht weitergeholfen, das ist aus unserer Sicht für die Menschen ein Inhaltsangebot, das auf Leute zielt, die eh schon überschuldet sind und letztendlich eigentlich etwas ganz anderes bräuchten, nämlich Schuldnerberatung durch eine behördlich anerkannte, bestenfalls für sie kostenfreie Stelle, die Ihnen dann entsprechend weiterhelfen können.

Dorian Lötzer: Alternativ zu Krediten kann man Betroffenen auch den Gang zur Schuldnerberatung ans Herz legen.

In einer solchen Schuldnerberatung arbeiten qualifizierte Expert:innen, die Erfahrung mit schwierigen finanziellen Lagen haben. Es gibt einen Tipp, den Christian Maltry aus seinem Arbeitsalltag mitbringt:

Christian Maltry: Ja, leider ist es so, dass zur Schuldnerberatung in aller Regel recht spät Kontakt aufgenommen wird, nämlich wenn die ersten Zahlungsstörungen auftauchen, wenn vielleicht sogar schon die erste Vollstreckungsmaßnahme da ist. Aber für die Schuldnerberatung, wie für viele andere Bereiche, gilt natürlich je früher man interveniert, desto weniger Aufwand muss man in diese Intervention stecken.

Dorian Lötzer: Wie bei so vielen Sachen ist es eben auch bei der Schuldnerberatung wichtig, diese frühzeitig in Anspruch zu nehmen. So kann man im besten Fall größere Probleme vorbeugen.

Hier aber auch noch der Hinweis: Nur anerkannte Schuldnerberatungen aufsuchen. Oft kann die lokale Kommune Auskunft geben, welche Anlaufstellen es dafür vor Ort gibt.

Geschäfte mit der Armut werden wir nicht von heute auf morgen beseitigen können. Leider gibt es immer wieder Firmen, die gezielt versuchen, Menschen in finanzieller Not auszunutzen. Was wir machen können und was ich mit dieser Folge versuche, ist Bewusstsein dafür zu generieren, dass solche unseriösen Anbieter nicht die einfache und schnelle Hilfe bieten, die man sich erhofft.

Wie bei so vielen anderen Themen hat das Internet es für die Anbieter aber einfacher gemacht, ihre Zielgruppe zu finden. Glücklicherweise hat das Internet uns aber auch Möglichkeiten gegeben, uns so zu informieren, dass wir auf deren Werbung nicht reinfallen.

Meine Tipps sind: Min einer gesunden Menge Skepsis Werbung im Browser und den sozialen Medien hinterfragen. Scheint das Angebot zu gut um wahr zu sein, ist es das vielleicht auch. Wenn der finanzielle Druck aber so hoch ist, das sich irgendwas an der eigenen Situation ändern muss, den Gang zur lokalen Verbraucherzentrale oder einer anerkannten und kostenfreien Schuldnerberatung in Erwägung ziehen. Dort kann man sich sicher sein, dass die Expert:innen sich für das eigene Wohlbefinden interessieren und es nicht auf Profit ausgesehen haben.

Mehr Informationen zu Geschäften mit der Armut und sicheren Umgang mit Finanzen gibt es auf verbraucherzentrale.de.

Wenn euch die Folge gefällt, könnt ihr sie gerne weiterleiten und den Podcast in eurem Lieblingsplayer abonnieren. Kontaktieren kann man uns über podcast@vz-bln.de

Mein Name ist Dorian Lötzer und heute haben wir unseriöse Kreditversprechen genau genommen.

 

 

Fragen und Kommentare können Sie gerne an podcast@vz-bln.de schicken!

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