Marktcheck "Magnesiumhaltige Nahrungsergänzungsmittel": Oft überdosiert

Stand:
Magnesiumprodukte sind die beliebtesten Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland - ein gutes Geschäft für Hersteller und Handel. Grund genug für die Verbraucherzentralen, dieses wichtige Marktsegment genauer unter die Lupe zu nehmen.
Marktcheck Magnesium

Das Wichtigste in Kürze:

  • Magnesiumhaltige Nahrungsergänzungen sind häufig zu hoch dosiert, was zu unerwünschten Wirkungen führen kann.
  • Ungünstige Kombinationen und Dosierungen von Magnesium mit weiteren Mineralstoffen oder Vitaminen sind besonders bei Internetprodukten auffällig.
  • Unseriöse Internetanbieter werben eher  mit unzulässigen, gesundheitsbezogenen Aussagen. Gleichzeitig fehlen dort häufiger die für Nahrungsergänzungsmittel vorgeschriebenen Anwendungshinweise.
  • Der Bedarf an Magnesium lässt sich über die Ernährung decken.
On

Das wurde beim Marktcheck überprüft

Der zwischen August und September 2016 von Ernährungsexperten der Verbraucherzentralen durchgeführte Marktcheck hat das Marktsegment der magnesiumhaltigen Nahrungsergänzungsmittel beleuchtet. Wir haben die Produkte hinsichtlich ihrer Dosierung und ihrer Kombinationen mit Vitaminen, Mineralstoffen und weiteren Zusätzen begutachtet. Gleichzeitig haben wir die entsprechenden Werbeaussagen überprüft. 27 Produkte stammten aus dem stationären Einzelhandel (Apotheke, Discounter, Drogeriemarkt, Fitness-Shop, Reformhaus und Supermarkt), 15 aus dem Internet.

Im Dezember 2020 wurden die Dosierungen dieser Marktstichprobe erneut überprüft. Drei Produkte waren nicht mehr erhältlich. Stattdessen war ein neues (höher dosiertes) Produkt dieses Anbieters mit einer teilweise veränderten Nährstoffzusammensetzung verfügbar. Dieses wurde stattdessen in die Stichprobe einbezogen.

Wie sind magnesiumhaltige Nahrungsergänzungsmittel dosiert?

Legt man die vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfohlene Tageshöchstdosis für Nahrungsergänzungsmittel von 250 Milligramm Magnesium zugrunde, waren 2020 57 Prozent (2016: 64 Prozent) der Produkte im Test überdosiert. Das entspricht 24 (27) von 42 Produkten.

Infografik Marktcheck magnesiumhaltige Nahrungsergaenzungsmittel

Im Durchschnitt enthielten diese zu hoch dosierten Nahrungsergänzungen 416 Milligramm (2016: 423 Milligramm) Magnesium pro Tagesdosis. Ein kritischer Wert - denn bereits bei einer zusätzlichen Magnesiumzufuhr von 300 Milligramm pro Tag kann es bei empfindlichen Menschen zu Durchfällen und Magen-Darm-Beschwerden kommen.

Gerade bei den im Internet gekauften Produkten fielen ungünstige Kombinationen von Magnesium mit anderen, oft sehr hoch dosierten Zusätzen auf. Dazu zählten beispielsweise Zink, Vitamin C, Vitamin D und Vitamin B 6. Diese Stoffe waren teils in so hoher Dosierung enthalten, dass eine längerfristige Einnahme des jeweiligen Produkts zu gesundheitlichen Störungen führen kann.

Werbeaussagen und Kennzeichnung unter der Lupe

Anbieter bewerben ihre magnesiumhaltigen Nahrungsergänzungsmittel für die verschiedensten Zielgruppen und Anwendungsgebiete. Obwohl die Sportler:innen der am häufigsten genannte Personenkreis sind, erwecken Angaben wie „Entspannungssuchende“, Personen mit einem "erhöhten" Magnesiumbedarf oder gleich Menschen "in jeder Lebensphase" den Eindruck von Beliebigkeit.

Negativ aufgefallen waren 2016 insbesondere die gesundheitsbezogenen Angaben ("Health Claims") auf den im Internet gekauften Produkten. Gesundheitsaussagen dürfen nicht beliebig auf Nahrungsergänzungsmitteln erscheinen, sondern nur gemäß den Vorgaben der sogenannten Health Claims-Verordnung (HCVO). Diese wurden 2020 nicht erneut überprüft.

40 Prozent dieser Angaben auf Internetware waren eindeutig unzulässig wie zum Beispiel "senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme". Weitere 23 Prozent bedürfen aus Sicht der Verbraucherzentralen einer rechtlichen Klärung. So ist es nicht zulässig, wenn der in der HCVO festgelegte Wortlaut verallgemeinert oder verstärkt wird.

Beispielsweise entspricht die Formulierung "Magnesium trägt zu einer normalen Muskelfunktion bei" den Vorgaben der HCVO. Wirbt ein Produkt dagegen mit "Magnesium ist von elementarer Bedeutung für die Muskelfunktion", ändert sich die Aussage.

Wichtiger Kritikpunkt bei den Internetprodukten war die teils fehlenden Warn- und Anwendungshinweise. Diese müssen verpflichtend auf Nahrungsergänzungsmitteln angebracht sein. Sie warnen unter anderem davor, die angegebene empfohlene Verzehrsmenge nicht zu überschreiten sowie Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine ausgewogene Ernährung einzunehmen.

Auch der vorgeschriebene Hinweis  „Produkt außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren“ fehlte mehrfach bei den Internetprodukten - und das, obwohl magnesiumhaltige Nahrungsergänzungsmittel grundsätzlich nicht für Kinder unter vier Jahren geeignet sind.

Fazit der Verbraucherzentralen

  • Die erneute Überprüfung der Dosierung der Produkte aus der Marktstichprobe von 2016 in 2020 zeigt, dass sich weiterhin der überwiegende Teil der Hersteller nicht an die aus Gründen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes vom BfR empfohlenen Höchstmengen für Magnesium in Nahrungsergänzungsmitteln hält. Die Produkte sind häufig zu hoch dosiert. Um einen wirksamen Schutz der Gesundheit zu gewährleisten, müssen dringend verbindliche Höchstmengen eingeführt werden.
  • Nicht erlaubte gesundheitsbezogene Aussagen oder solche mit Irreführungspotential sind bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht selten. Das zeigt sich auch an den hohen Beanstandungsquoten der amtlichen Lebensmittelüberwachung, die  vorwiegend Produkte des stationären Handels betreffen. Auffällig sind aber insbesondere auch Internetangebote. Hier muss von Seiten der  amtlichen Lebensmittelüberwachung noch deutlich mehr passieren, um das Marktgeschehen auf unzulässige Gesundheitsversprechen zu überwachen und Verstöße angemessen zu ahnden.Die Verbraucherzentralen fordern eine behördliche Prüfung aller in Deutschland angemeldeten Nahrungsergänzungsmittel hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit sowie Richtigkeit der Werbeaussagen vor dem ersten Inverkehrbringen. Bisher müssen die Produkte beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nur angezeigt werden.
  • Der Einkauf von Nahrungsergänzungsmitteln im Internet sollte sorgfältig überlegt werden und erst nach gründlicher Information über das Produkt und kritischem Lesen des "Kleingedruckten" erfolgen. Die Erfahrung zeigt darüber hinaus, dass die sich an eine Bestellung anschließende Werbeflut erhebliche Ausmaße annehmen kann.
  • Verbraucher:innen müssen umfassend über mögliche Risiken und ungünstige Nährstoffkombinationen bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln informiert werden. Der Bedarf an Nährstoffen lässt sich in der Regel problemlos über eine abwechslungsreiche Ernährung decken. So sind beispielsweise Gemüse, Vollkornprodukte und Nüsse eine gute Quelle für Magnesium.
Drehscheibe Nahrungserganzugnsmittel

Nährstoffe in Lebensmitteln

Nahrungsergänzungsmittel sind häufig überflüssig, denn die benötigten Nährstoffmengen lassen sich auch einfach essen. Das zeigt die bei den Verbraucherzentralen erhältliche Drehscheibe "Wellness, Gesundheit, Schönheit?". Sie informiert entsprechend der hier im Portal genannten Produktgruppen über die entsprechenden Inhaltsstoffe in herkömmlichen Lebensmitteln und zeigt die benötigten Portionsgrößen. Hier ist sie digital umgesetzt.

Grafische Darstellung einer Frau, die ungeduldig auf ihre Armbanduhr schaut. Rechts daneben befindet sich das Logo von Cleverbuy, darunter eine Grafik von einem Smartphone, von der ein roter Pfeil auf einen Stapel Euroscheine führt. Rechts daneben befindet sich ein großes, rotes Ausrufezeichen, in dem "Warnung" steht.

Warnung vor Cleverbuy: Auszahlung lässt auf sich warten

"Clever Technik kaufen und verkaufen" heißt es auf der Website der Ankaufplattform Cleverbuy. Gar nicht clever ist die oft lange Zeit, die verstreicht, bis Nutzer:innen ihr Geld für Smartphone und Co. ausgezahlt bekommen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt daher vor dem Anbieter.
Besorgt dreinblickender Mann, der auf seine Kreditkarte schaut, während er mit seinem Mobiltelefon spricht.

Der vzbv stellt fest: Banken tun nicht genug gegen Kontobetrug

Opfer von Kontobetrug bleiben in vielen Fällen auf dem Schaden sitzen, denn: Banken werfen ihnen grobe Fahrlässigkeit vor. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) müssten Banken jedoch mehr tun, um Verbraucher:innen zu schützen.

Ärger mit Strom-, Gas- und Fernwärmeverträgen

Viele Verbraucher:innen haben Preiserhöhungen für ihre Strom-, Gas- und Fernwärmeverträge oder die Kündigung erhalten. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen klagen gegen mehrere Unternehmen wegen rechtswidrigen Verhaltens.