Protein ist Trend: Supermärkte bieten Pulver und Riegel für sportlich Aktive oder eiweißreiches Brot und Müsli zum Abnehmen an. Auch von Natur aus eiweißreiche Lebensmittel kommen plötzlich mit einer vermeintlichen Extraportion Eiweiß daher. Verbraucher:innen müssen dafür tief in die Tasche greifen.
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Das Wichtigste in Kürze:
- Die Proteinversorgung in Deutschland ist gut. Zusätzliches Protein ist überflüssig.
- Auch wer Leistungssport macht oder vegan lebt, kann seinen Proteinbedarf mit normalen eiweißreichen Lebensmitteln decken.
- Eine proteinreiche Diät kann zwar kurzfristig helfen, Kalorien zu sparen. Für den langfristigen Abnehm-Erfolg sind aber die Energiebilanz und die Alltagstauglichkeit einer Diät entscheidend.
- Lebensmittel mit einer Extraportion Protein sind oft teurer als normale Lebensmittel. Riegel oder Pulver enthalten meist unnötig viel Süßungsmittel, Zusatzstoffe, Aromen, Vitamine und Mineralstoffe.
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Protein-Produkte in aller Munde
Schon seit Jahren sind Eiweißpulver und Riegel anscheinend ein Muss auf dem Weg zu mehr Muskel- und weniger Fettmasse. Zumindest, wenn man der Werbung mancher Anbieterfirmen von Sportlernahrung, den Betreuer:innen in Fitnessstudios oder den Meinungsäußerungen in einschlägigen Internetforen Glauben schenkt. Mittlerweile kommt auch kaum jemand, der ein paar Pfunde loswerden will, an dem Hype um Protein vorbei.
Drogerien, Reformhäuser, Naturkostläden und Online-Shops bieten hauptsächlich Spezialprodukte wie Pulver und Riegel mit teilweise extrem hohen Proteingehalten an. In Supermärkten und Discountern stehen eher herkömmliche Lebensmittel wie Müsli, Brot, Getränke, Fertiggerichte, Snacks und Süßigkeiten mit einer Extraportion Protein im Regal.
Aber auch von Natur aus eiweißreiche Lebensmittel wie Käse oder Fisch bewerben Anbieter mit dem Hinweis auf Protein, obwohl in ihnen nicht mehr Eiweiß steckt als in den herkömmlichen Produkten dieser Art ohne Extra-Werbung. Der Gesellschaft für Konsumforschung zufolge sind proteinangereicherte Lebensmittel ein Wachstumssegment.
Dass die Verbraucher:innen den Trend oft teurer bezahlen müssen, belegt ein Marktcheck des Portals Lebensmittelklarheit. Danach waren 49 von 57 Proteinprodukten teurer als das entsprechende Vergleichsprodukt ohne Proteinwerbung. Jedes fünfte Produkt des Marktchecks kostete sogar mehr als doppelt so viel.
Damit die Firmen Lebensmittel als "Proteinquelle" oder mit "reich an Protein" bewerben dürfen, müssen diese gesetzlich vorgeschriebene Mengen an Protein enthalten. Dann sind je nach Proteingehalt auch 3 gesundheitsbezogene Angaben in der Werbung erlaubt:
- "Proteine tragen zur Erhaltung von Muskelmasse bei",
- "Proteine tragen zur Zunahme an Muskelmasse bei" und
- "Proteine tragen zur Erhaltung normaler Knochen bei".
Weitere Aussagen sieht die EU-Health-Claims-Verordnung für Protein in Lebensmitteln nicht vor.
Genug ist genug
Proteine liefern dem Körper Aminosäuren und Stickstoff, die er unter anderem für den Aufbau körpereigener Proteine, Enzyme, Hormone benötigt. Der Mensch ist auf eine ausreichende Zufuhr bestimmter Aminosäuren über die Nahrung angewiesen, die er nicht selbst bilden kann.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für gesunde Erwachsene eine tägliche Zufuhr von 0,8 Gramm Eiweiß je Kilogramm Körpergewicht. Bei einer 70 Kilogramm schweren Person entspricht das einer Eiweißmenge von 56 Gramm am Tag. Diese Mengen werden im Durchschnitt bereits mit der üblichen Mischkost überschritten. So liegt die Aufnahme bei Männern im Mittel bei 85 Gramm und bei Frauen bei 64 Gramm.
Aber auch Veganer:innen, die komplett auf eiweißreiche tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte verzichten, können für eine ausreichende Zufuhr an Protein sorgen. Sie müssen allerdings auf eine gezielte Auswahl und Kombination eiweißreicher pflanzlicher Lebensmittel wie Getreideerzeugnisse aus dem vollen Korn, Hülsenfrüchte, Kartoffeln und Nüsse achten.
Ob ein Zuviel an Protein gesundheitliche Nachteile mit sich bringt, dafür fehlen die wissenschaftlichen Nachweise. Daher gibt es keine offizielle Obergrenze für Protein. Dennoch empfiehlt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Erwachsenen, die tägliche Proteinzufuhr auf das Doppelte der Zufuhrempfehlung zu beschränken, also maximal knapp 2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.
Sportler:innen: Darf's ein bisschen mehr sein?
Kein Zweifel: Muskeln benötigen Eiweiß, um Masse zu bilden. Die Frage ist nur: wie viel? Der Grundsatz "Ohne trainieren wird nichts passieren" gilt nach wie vor, da Muskeln durch Belastungsreize wachsen. Der Körper passt sich der vermeintlichen Überlastung an. Der zusätzliche Eiweißbedarf ist jedoch sehr viel geringer, als viele glauben, denn Muskeln bestehen hauptsächlich aus Wasser und lediglich zu etwa 20 Prozent aus Eiweiß.
Um den zusätzlichen Energiebedarf durch Sport zu decken, essen Sportler:innen mehr. Mit der üblichen Mischkost steigt dadurch automatisch die Aufnahme aller Nährstoffe, auch von Protein. Selbst bei Kraft- und Ausdauersport im Leistungssportbereich kann man seinen Mehrbedarf an Eiweiß über normale Lebensmittel decken. Ein Plus über eiweißangereicherte Lebensmittel ist überflüssig.
Protein aus der Nahrung reicht aus!
Eine einfache Rechnung verdeutlicht dies: Ein 75 Kilogramm schwerer Sportler beginnt mit intensivem Krafttraining. Bei einem Proteinanteil von 15 Energieprozent nimmt er bei einer Energiezufuhr von 3500 Kilokalorien pro Tag etwa 131 Gramm Protein zu sich. Umgerechnet auf das Körpergewicht sind das gut 1,7 Gramm je Kilogramm Körpergewicht am Tag. Ein Wert, der die für Kraftsportler maximal erforderliche Menge von 1,7 Gramm abdeckt. Gleiches gilt für Ausdauersportler, die maximal bis zu 1,6 Gramm Protein je Kilogramm Körpergewicht benötigen. Gut trainierte Kraftsportler, die keine weiteren Muskeln aufbauen wollen, haben sogar einen sehr viel geringeren Proteinbedarf.
Um das Muskelwachstum gezielt zu fördern, empfehlen Wissenschaftler:innen etwa 20 Gramm Protein kurze Zeit nach dem Training. Diese Menge steckt schon in 200 Gramm Quark. Da der Hunger nach dem Training meist automatisch steigt, bieten sich eine Quarkspeise, eine Scheibe Brot mit Frischkäse, Kartoffeln mit Ei oder Nudeln mit Lachs an.
Abnehmen: Viele Wege führen zum Ziel
Proteinreiche Nahrung sättigt besser als proteinarme. Außerdem trägt sie zum Erhalt der fettfreien Körpermasse und des Grundumsatzes an Energie während einer Reduktionsdiät bei. Lebensmittel mit hohem Eiweißgehalt werden deshalb mit einer stärkeren Gewichtsreduktion beim Abnehmen in Verbindung gebracht. Das bestätigt auch der Vergleich von proteinreichen und proteinarmen Reduktionsdiäten.
Wenn Sie Sie mit einer proteinreichen Diät Pfunde verlieren wollen, brauchen Sie aber keine Lebensmittel mit einer Extraportion Protein. Normale Lebensmittel enthalten genug Protein.
Außerdem zeigen sich Vorteile einer proteinreichen gegenüber einer proteinarmen Kost nur, wenn die Diät drei bis sechs Monate dauert. Langfristig verschwinden die Vorteile einer proteinreichen Ernährung fürs Körpergewicht und verlieren sich irgendwann ganz.
Die Energiebilanz ist wichtiger als die Nährstoffzusammensetzung: Wenn Sie abnehmen wollen, müssen Sie weniger Kalorien mit der Nahrung zuführen, als Sie verbrauchen. Nur dann können überflüssige Pfunde schmelzen. Die Erfahrung zeigt: Ein dauerhafter Abnehmerfolg stellt sich nur ein, wenn das geänderte Essverhalten gut in Ihren individuellen Alltag passt und Ihre persönliche Essvorlieben berücksichtigt.
Teuer und kaum zusätzlicher Nutzen
Eiweißangereicherte Lebensmittel bieten keine Vorteile. Ganz im Gegenteil: Sie belasten den Geldbeutel. Spezielle Eiweißpulver oder Riegel sind außerdem überflüssig mit Süßungsmitteln, Zusatzstoffen, Aromen, Vitaminen und Mineralstoffen angereichert. Das Eiweiß stammt meist aus hoch verarbeiteten herkömmlichen Lebensmitteln beispielsweise Milch- bzw. Molkenprotein, Eiprotein oder Hülsenfrücht-Eiweiß (Soja, Erbsen, Lupine) oder Mischungen daraus.
Wenn Sie Sport treiben und eiweißreiche Drinks und Riegel zusätzlich zur normalen Nahrung aufnehmen, sollten Sie auch das Plus auf dem Energiekonto nicht vergessen. Sonst kann ein oft erwünschter Abnehmeffekt durch Sport ausbleiben, oder es können sogar zusätzlich Pfunde wachsen.
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Dieser Inhalt wurde von den Verbraucherzentralen Hessen und Berlin für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.